Montag, 21. Dezember 2015

Mittelerde existiert nicht

-wer hätte das gedacht? Aber im Ernst, das war eine bittere Wahrheit, die es für mich herauszufinden galt. Dabei ist Neuseeland mit einer solchen Natur gesegnet. Sie schreit geradezu danach, in ihr zu verweilen, Abenteuer zu erleben und im besten Falle eins mit ihr zu werden. Stattdessen fühlte ich mich hier manchmal weiter von ihr entfernt als sonst irgendwo. Wie häufig saß ich im Bus, sah all diese Schönheit an mir vorbeiziehen, stellte mir vor, auf jenem Bergkamm dort zu stehen und es zerriss mich fast, wenn mir dieses Ich traurig hinterherwinkte. Aber auch während der verschiedenen Walks und Tracks gibt es meist einen einzigen, klar begrenzten Weg, alle fünf Minuten steht ein Schild, das einem verrät, wie lange man für den Rest des Weges noch brauchen wird, von dieser vorgegebenen Linie abzuweichen ist nahezu unmöglich, sodass eine strikte Trennung zwischen Mensch- und Naturterrain entsteht, der Mensch immer nur gewissermaßen als Gaffer am Zaun steht. Ich weiß nicht an wievielen Orten ich vorbeigekommen bin, von denen ich dachte: hier könnte man verweilen. Aber es tut einfach niemand hier. Niemand macht ein Picknick am Seeufer, geht schwimmen, liegt einfach nur im Gras, spielt meinethalben auch Tennis oder liest ein Buch, ist einfach da. Die meisten Städte mit ihren hübschen Parks durch die ich gekommen bin scheinen wie ausgestorben, Tags wie Nachts, und dasselbe gilt für die Natur.
Vielleicht lässt sich Mittelerde auch nicht erleben, gerade weil soviele Menschen hierherkommen, die danach suchen, wodurch das ganze gewissermaßen "vertourismisiert" wird.
Lasst euch von dieser Kritik nicht irreführen. Mein Stil ist bei den letzten Einträgen vielleicht ein wenig ins Pathetische abgerutscht, das tut mir leid, ich weiß wie anstrengend es ist, sowas zu lesen. Aber wenn er dies tat, dann nur, weil es mir hier tatsächlich so gut gefällt. 
Das ist wohl auch der richtige Zeitpunkt, noch etwas loszuwerden, auch wenn das eigentlich logisch sein sollte: Ich schildere hier nur persönliche Eindrücke, es mag sein, dass jemand anderes Neuseeland ganz anders erlebt und die Wahrheit wiederum irgendwo dazwischen, vielleicht aber auch weit entfernt liegen mag. Soviel dazu. 
Dann kann ich jetzt ja auch anmerken, dass ich mich von Zeit zu Zeit wirklich über die Neuseeländer wundere. Statt das ihnen gemachte Geschenk der Natur zu schützen gehen sie sehr widersprüchlich damit um. Zum einen ist es verboten Dinge einzuführen, die ihrer speziellen Artenvielfalt schaden könnten, Ratten und Opossums werden gnadenlos gejagt und, wie bereits erwähnt, ist es dem Menschen vielerorts nicht erlaubt, die Natur zu betreten. Dann jedoch die andere Seite: Alte Autos, die man hier ja für alles braucht, definitiv nicht wärmeisolierte Häuser ( wobei diese beiden Dinge auch eine Frage des Geldes und der Lebenseinstellung sein mögen, der Neuseeländer an sich scheint ein wenig zum Messitum zu neigen und stört sich nicht daran, in der größten Abstellhalde zu leben), sowie Unmengen an Plastikmüll ( und mit Unmengen meine ich Unmengen und dererlei mehr. Wenn man bedenkt, dass sich das Ozonloch und somit ein unmittelbar mit dem Klimawandel zusammenhängender Faktor hier eindeutig bemerkbar macht, nicht nur in kurzen Sonnenbrandszeiten, sondern auch z.B. im rapiden Schmelzen der Gletscher und diese Gletscher dann alle zehn(!) Minuten mit Helis oder Flugzeugen angeflogen werden um dort Massen an Touristen abzusetzen, für die die Guides sinnlos das Eis zerhacken, damit auch ja das "Gletscherbesteigenfeeling" aufkommt, kann man nur den Kopf schütteln. Über dieses Thema könnte ich mich noch endlos verbreitern, es gehört allerdings letztlich nicht hier her.
Also genug davon, der nächste Eintrag wird mit Sicherheit wieder enthusiastischer.

"There’s some good in this world. And it’s worth fighting for."- Samwise
(Ich weiß, der Satz stammt aus einem anderen Zusammenhang, lässt sich aber auch leidlich gut auf alles andere, in diesem Falle den Umweltschutz, anwenden.)


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